Ein Bauer hatte eine Kuh.
Er hatte nicht nur diese eine Kuh, denn er war ein Milchbauer.
Um die Milchleistung seiner Kühe zu erhalten, ließ er sie immer und immer wieder schwängern, um ihnen dann kurz nach der Geburt ihr Kälbchen wegzunehmen.
Er hatte damit Erfahrung.
Diese eine Kuh, von der diese Geschichte handelte, auch, - denn dies war ihr drittes Kälbchen, das sie erwartete.
Der Bauer hatte ein Auge auf seine schwangeren Kühe, denn es sollte ja keine Komplikationen geben.
Er war ein fürsorglicher Bauer.
Seine Milchkühe durften auf der großen Weide grasen.
Jeden Morgen brachte er sie dorthin und jeden Abend holte er sie dort wieder ab.
Besorgt um seinen Besitz und bedacht, dass alles wie immer reibungslos ablaufen sollte, war er besonders wachsam, wenn es um seine schwangeren Kühe ging.
So auch an diesem einen Morgen, als er sich entschied, Millie, - nennen wir diese eine Kuh mal so-, trotz ihrer fortgeschrittetnen Schwangerschaft mit auf die Weide zu lassen.
Laut Plan hatte Millie noch einige Zeit bis zur Niederkunft, - da ging das noch...
Wie erstaunt war der Bauer, als er am frühen Abend zur Weide kam und seine Kühe ans Gatter rief: " Hilde, Gerti, Luzy, Marga,.... Millie!!!"
Millie kam mit einiger Verzögerung, - aber Millie kam ans Gatter, - und, - sie kam nicht allein!
Staksig und noch etwas wackelig lief neben Millie ein kleines neugeborenes Kalb.
Millie war wirklich eine erfahrene Mutter!
Sie hatte die Geburt komplikationslos gemeistert, ganz allein auf der Weide. Und da war sie, mit einem gesunden Kälbchen im Schlepptau.
Der Bauer war gerührt und streichelte Millie im Vorbeigehen über den Rücken.
"Gut gemacht, Mädchen!"
Gemeinsam ging der Bauer mit seiner Herde zurück zum Hof, - heute ein bisschen langsamer als sonst, aber einem kleinen Kälbchen muss man die Zeit lassen.
Und der Sonnenuntergang war heute besonders schön....
Zurück im Stall ging alles seinen Gang, - die Kühe wurden in ihren Stand gelassen, für die Nacht mit Heu und Wasser versorgt, - ja, er war ein fürsorglicher Bauer.
Und so gab es ihm dieses Mal wieder einen kleinen Stich, als er Millies Kälbchen nahm und fortbrachte, in die Kälbchenscheune, wo es am nächsten Morgen abgeholt würde.
Aber Millie war eine erfahrene Mutter.
Der Bauer hatte sich nicht getäuscht.
Sie trauerte nur kurz, rief nach ihrem Kind, - aber sie kannte die Prozedur ja schon, dachte sich der Bauer.
Und Millies Beitrag zum Lebensunterhalt seiner Familie war jetzt wieder sicher.
Am nächsten Morgen brachte der Bauer seine Kühe wieder zur Weide. Millie lief besonders munter mit.
"Sie ist gewiss hungrig nach dem anstrengenden Tag und der Nacht", dachte sich der Bauer und wunderte sich kaum, dass sie nicht rufend und suchend innehielt von Zeit zu Zeit.
Aber Millie schien doch noch zu trauern, denn kaum waren sie auf der Weide, stellte sie sich etwas abseits vom Rest der Herde und lief langsam in Richtung des Wäldchens, dass von der großen Weide umschlossen war.
Der Bauer wunderte sich nicht, - er war ein erfahrener Bauer. Er wusste, dass so manche Kuh nach der Trennung vom Kalb noch etwas durcheinander war.
Viele seiner Kollegen ließen die Kühe daher danach im Stall und versorgten sie mit Silage.
Er war ein fürsorglicher Bauer.
Die Milch seiner Kühe war etwas ganz Besonderes.
Als der Bauer am Abend wieder zur Weide kam und seine Kühe zum Gatter rief, da musste er Millies Namen schon ein paar Mal rufen, bis sie endlich kam.
Aus dem Wäldchen.
"Ach je, Mädchen, hast du dort den ganzen Tag verbracht?" fragte er Millie, als sie an ihm vorbei durchs Gatter ging.
So wunderte es ihn auch nicht, dass Millie an diesem Abend nicht viel Milch gab. "Da muss ich wohl ein Auge auf dich haben, - nicht, dass du krank wirst!" dachte der Bauer bei sich.
Er war ja ein fürsorglicher Bauer.
In den folgenden Tagen bot sich dem Bauern immer das gleiche Bild.
Am Morgen war Millie eine der ersten am Gatter, um auf die Weide gelassen zu werden, dann ging sie, dort angekommen langsam, aber verlässlich in Richtung des kleinen Wäldchens.
Wenn es dann am Abend zurück zum Stall gehen sollte, kam Millie nur widerwillig mit, 4-5 Mal musste der Bauer sie mindestens rufen und meistens kam sie aus dem Wäldchen.
Ja, und jeden Abend war ihr Euter beim Melken leer.
"Ob sie dort im Wäldchen vielleicht etwas frisst, das ihre Milch versiegen lässt?" fragte sich der Bauer und beschloss, der Sache am nächsten Morgen auf den Grund zu gehen. Denn er war ein fürsorglicher Bauer. Seine Familie brauchte wirklich jeden Cent.
Und so kam es, dass der Bauer am nächsten Morgen am Gatter verharrte, bis er sah, dass Millie sich wieder in Richtung des Wäldchens vorangraste.
Er entfernte sich, damit Millie ihn nicht mehr sehen konnte und versteckte sich, damit er noch verfolgen konnte, wohin Millie ging.
Er musste doch herausfinden, was in dem Wäldchen wuchs, das Millies Milch zum Versiegen brachte. Nicht auszudenken, wenn die anderen Kühe es auch fräßen!
Nach einer Weile sah der Bauer, dass Millie wieder im Wäldchen verschwand und er schlich ihr nach, darauf bedacht, nicht zuviel Lärm zu machen. Im Wald wächst ja so vieles, da musste er schon genau sehen, was es war, das Millie so austrocknen ließ.
"Ah ja, da hinter dem umgefallenen Baum, da steht sie ja", dachte er bei sich. Der Baumstamm war so groß, dass der Bauer nur ein Stück von Millies Rücken sehen konnte. Aber sie stand nun ganz still, - also musste sie wohl grasen.
Leise schlich der Bauer näher an den umgefallenen Baum heran.
Als er verstohlen hinter den in der Luft hängenden Wurzeln des gestürzten Riesen hervorlugte, bot sich ihm ein unerwartetes Bild:
Neben Millie stand ein kleines Kälbchen und trank gierig an der Brust seiner Mutter. "Millie!" schoss es dem Bauern durch den Kopf.
Ja, Millie war wirklich eine erfahrene Mutter.
Als sie an diesem besonderen Tag vor nun fast einer Woche Zwillinge auf die Welt gebracht hatte, wusste sie, was ihr, was ihren Kindern bevorstand.
Sie würden voneinander getrennt werden.
Millie war eine erfahrene Mutter.
Sie kannte den Schmerz, sie wusste, wie laut ihr Kalb nach ihr rufen würde, wie sehr sie den Duft seiner Haut, seine Nähe vermissen würde.
Und Millie traf eine Entscheidung:
Der Bauer erwartete ein Kälbchen von ihr.
Und so nahm Millie vor fast einer Woche eines ihrer Kälbchen mit und überließ es dem Bauern.
Ihr zweites Kälbchen, ihr Geheimnis, ihr Geschenk des Himmels, ihr Glück, ließ sie zurück, versteckt im Wäldchen, - ängstlich, ob es am nächsten Tag denn auch noch dort wäre, noch lebte, um am Morgen ungeduldig zu ihm zurückzukehren, um es zu nähren, zu wärmen, - es zu umsorgen und mit genug Liebe für die bevorstehende lange Nacht zu bemuttern.
Der Bauer verstand.
Er schlich sich wieder aus dem Wäldchen und ging zurück zum Hof.
Mistete die Ställe aus, reinigte die Stände.
Er tat, was getan werden musste.
Als er am Abend die Kühe von der Weide holen wollte, hielt er sich nicht lange mit rufen auf.
Er ging erst einmal zum Wäldchen, um Millie dort abzuholen.
Für das Kälbchen hatte er einen weichen Strick mit genommen, - es kannte ihn ja noch nicht und würde sich vielleicht erst nicht wagen, mitzulaufen.
Und so holte der Bauer seine Kühe am Abend zurück zum Hof. Ein wenig langsam zwar, - aber einem Kalb muss man einfach Zeit lassen.
Er war ein fürsorglicher Bauer.
Zurück im Stall ging alles seinen Gang, - die Kühe wurden in ihren Stand gelassen, dann für die Nacht mit Heu und Wasser versorgt, - ja, er war ein fürsorglicher Bauer.
Und so gab es ihm auch dieses Mal wieder einen kleinen Stich, als er Millies Kälbchen nahm und fortbrachte, in die Kälbchenscheune, wo es am nächsten Morgen abgeholt würde.
--> ich weiß nicht mehr, wo ich die Geschichte, die ich hier nacherzähle, gelesen habe. Aber sie ist eine wahre Geschichte, - wenn ich auch den Wortlaut meiner Art zu reden angepasst habe.
---> habe nun die Quelle gefunden http://www.globalanimal.org/2012/04/13/cow-proves-animals-love-think-and-act/71867/